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In eigener Sache: Warum Open Data ein Win-Win-Win-Szenario ist

Open Data, auf Deutsch „offene Daten“ – was abstrakt klingen mag, betrifft jede*n von uns. 

Die Stadt Berlin. Photo: @Florianwehde auf unsplash.com

Bin ich an meinem Wohnsitz überdurchschnittlich viel Lärm ausgesetzt? Herrscht im Wald neben meinem Grundstück aktuell Waldbrandgefahr? Wie steht es bei meinem Lieblingsbadesee aktuell um die Wasserqualität? Wohne ich eigentlich in einer städtischen Hitzeinsel oder fühlt sich das nur so an? Wie kann ich mich engagieren, um die Anpassung an den Klimawandel in meinem Viertel voranzutreiben?

Zu vielen Fragen über unsere Umwelt, die wir uns im Alltag stellen, ist umfangreiches Wissen vorhanden. Häufig handelt es sich dabei um Daten und Informationen der öffentlichen Verwaltung, nicht selten finanziert durch Steuergelder. Auf dieses Wissen zuzugreifen, ist in vielen Fällen jedoch gar nicht so leicht – hauptsächlich, da es oft nur auf Anfrage bereitgestellt wird. Zu aufwändigen Antragsvorgängen können sich dann noch Gebühren und lange Wartezeiten gesellen. Aber auch die Forschung, und damit letztlich die Gesellschaft als Ganzes, könnten von einem offeneren Umgang mit den gewonnenen Daten profitieren. Für Umwelt- und Naturschutz hingegen bedeutet offenes Wissen vor allem auch Möglichkeit der gesellschaftlichen Teilhabe, denn Umweltwissen und -bewusstsein sind entscheidende Einflussfaktoren für umweltrelevantes Handeln.

Der Lösungsansatz für dieses Problem – bekannt unter dem Stichwort Open Data – sieht vor, existierende Daten öffentlich und strukturiert zur Verfügung zu stellen, sodass sie für alle Interessierten nutzbar werden. Offene und diskriminierungsfreie Lizenzen machen sie frei weiterverwendbar. Mittlerweile ist dieses Vorgehen erklärtes Ziel der Bundesregierung, die in ihrer Open-Data-Strategie betont, dass „die Nutzung von Daten […] neben enormen Mehrwerten für Bürgerinnen und Bürger sowie Wirtschaft und Wissenschaft auch für Staat und Verwaltung erhebliche Mehrwerte generieren [kann]“.  

Woran scheitert es also in der Praxis?

Birgt die öffentliche Bereitstellung solcher Daten auch Risiken, die tatsächlich eine sorgfältige Abwägung erfordern und manche Akteure zu Recht zaudern lassen?

Wir haben über diese Fragen mit Matthias Schroeder aus der AG Geologie und Grundwasser der Berliner Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt gesprochen. Als Verantwortlicher für Geoinformation und Geodatenmanagement hat er die Umstellung seiner Arbeitsgruppe vom immer noch weitverbreiteten Status Quo – der klassischen Datenbereitstellung auf Nachfrage – hin zu proaktiver Veröffentlichung der Daten hautnah mitgestaltet. Er kann damit aus erster Hand über die Auswirkungen berichten und zieht ein überaus positives Fazit: Vor allem die deutlich gesunkene Anzahl individueller Anfragen sei ein sehr erfreuliches Ergebnis. So könne bei eingehenden Anfragen nun zeitsparend auf das offene Angebot des Wasserportals verwiesen werden. 

Gewässer mit Gebäuden am Cottbusser Tor in Berlin
Gewässer mit Gebäuden am Cottbusser Tor in Berlin; Quelle: Birk Enwald, www.unsplash.com

Dieser Effizienzgewinn war für Schroeder und seine Kollegen*Kolleginnen auch ein wichtiger Beweggrund, die Daten so nutzungsfreundlich wie möglich zur Verfügung zu stellen. Präzise Dokumentation, ein von Dritten erstelltes R-Paket mit dazugehörigem Tutorial und eine aufbereitete Auswahl beliebter Abfragen erleichtern Interessierten den Einstieg. Bei den Nutzer*innen kommt das sehr gut an, und auch andere Verwaltungen haben sich schon lobend über das Angebot geäußert. Neben positivem Feedback erhalte das Team zudem regelmäßig konstruktive Anregungen und Wünsche aus der Community, die dann geprüft und in Teilen umgesetzt würden. Open Data steht eben auch für einen lebendigen Austausch mit der Gemeinschaft der Anwender*innen, die die offene Bereitstellung mit Wertschätzung und verstärkter Nutzung belohnen. 

Initiale Bedenken, so Schroeder, haben sich hingegen größtenteils nicht bewahrheitet. Eine Befürchtung bestand darin, es könne möglicherweise zu Fehlinterpretationen auf Seiten der Nutzer*innen kommen. Einmal veröffentlicht, wären diese nur mit beträchtlichem Aufwand korrigierbar. Dieser Fall sei aber nie aufgetreten. Dazu trägt möglicherweise der Hinweis bei, dass es sich bei dem Download-Angebot um ungeprüfte Rohdaten handelt. Auch gegen andere Befürchtungen konnten konkrete Maßnahmen zur Vorbeugung ergriffen werden, die sich in der Praxis bewährt haben: So wurde eine denkbare Überlastung des Servers infolge automatisierter und tendenziell feindseliger Downloads erfolgreich verhindert, indem der Datenbestand nicht vollständig mit einer einzigen Anfrage heruntergeladen werden kann.

Die Sorge mancher Fachleute, durch offene Bereitstellung der Daten den eigenen Tätigkeitsbereich überflüssig zu machen, kann Schroeder auf Basis seiner eigenen Erfahrungen zerstreuen. Er betont, dass die Fachkenntnisse der Sachverständigen nach wie vor gefragt sind, um z. B. spezifische Anfragen zu beantworten, Fehler im System zu korrigieren oder die Datenbasis kontinuierlich zu pflegen und zu verbessern. Im Gegenteil, die Vielfalt der Aufgaben wachse eher, und ein leicht zugängliches Angebot gehe nicht selten mit viel unsichtbarem Aufwand einher.  
Datenbereitstellenden, die noch mit dem Open-Data-Gedanken hadern oder gerade mit der Umstellung beginnen, gibt Schroeder einen wichtigen Hinweis mit auf den Weg: So banal es klingen mag, Metadaten sind das A und O! Sie werden von den Open-Data-Portalen als Erstes verlangt und sollten als Visitenkarte des eigenen Angebots gut befüllt sein.

Am Ende gewinnen also alle – Datenbereitstellende müssen weniger Anfragen bearbeiten und bringen ihre wertvollen Angebote stärker in die Nutzung, Anwender*innen und Wissbegierige sehen sich weniger Hürden ausgesetzt, und auch die Umwelt profitiert von einer stärkeren Verteilung des Wissens über ihren Zustand. Eine Dreifach-Bereicherung für Gesellschaft und Umwelt, die wir bei umwelt.info nach Kräften fördern möchten. Ganz konkret unterstützen wir daher datenhaltende Stellen bei der offenen Bereitstellung ihrer Daten, indem unser Team ihnen gerne beratend bei der Umstellung oder Optimierung zur Seite steht. 

Quellen

  1. Daniel Dietrich, Bundeszentrale für politische Bildung (2011): Open Data – Einführung. https://www.bpb.de/themen/daten/opendata/64053/einfuehrung/ (Zugriff am 04.08.2023)

  2. European Environmental Bureau (2019): Still too hard to access environmental information in the EU – EEB report. https://eeb.org/still-too-hard-to-access-environmental-information-in-the-eu-eeb-report/ (Zugriff am 04.08.2023)

  3. Oliver Stengel (2011): Suffizienz. Die Konsumgesellschaft in der ökologischen Krise. In: Wuppertaler Schriften zur Forschung für eine nachhaltige Entwicklung, Band 1. oekom Verlag, München. ISBN 978-3-86581-280-3

  4. Verwaltung innovativ (2023): https://www.verwaltung- innovativ.de/DE/Verwaltungsdigitalisierung/Open_Data/open_data_node.html (Zugriff am 04.08.2023)

  5. Bundeszentrale für politische Bildung (2011): Open Data. https://www.bpb.de/themen/daten/opendata/ (Zugriff am 04.08.2023)

  6. Bundesministerium des Innern und für Heimat (2023): Open Data. https://www.bmi.bund.de/DE/themen/moderne-verwaltung/open-government/open-data/open-data-node.html;jsessionid=DB86EE2709DB3DB4F165C74816B59B3B.2_cid295 (Zugriff am 07.08.2023)

  7. Bundesministerium des Innern und für Heimat (2021): Open-Data-Strategie der Bundesregierung. https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/publikationen/open-data-strategie-der-bundesregierung-1940604 (Zugriff am 04.08.2023)

  8.  https://kwb-r.github.io/wasserportal/ 

  9.  https://kwb-r.github.io/wasserportal/articles/tutorial.html 

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Autor / Autorin
Webredaktion umwelt.info
Nationales Zentrum für Umwelt- und Naturschutzinformationen / Umweltbundesamt
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